ÜBERZOGENE REZESSESIONSÄNGSTE
Märkte bleiben trotz der US-Beschäftigungszuwächse nervös
Die globalen Aktienmärkte gaben in der vergangenen Woche spürbar nach. Wiederaufflammende Rezessionsängste aufgrund schwächerer Wirtschaftsdaten aus den USA, Europa und Ostasien, der steigenden Nervosität vor den US-Wahlen und andere Belastungsfaktoren sorgten für einen Stimmungsdämpfer und Gewinnmitnahmen. All dies, nachdem in den Vorwochen teilweise neue Höchststände erklommen worden waren. Der amerikanische S&P 5001) erlitt seinen stärksten wöchentlichen Rückgang seit 18 Monaten (Datenquelle: LSEG, 06.09.2024).
Diese Nervosität spiegelte sich auch in fallenden Ölpreisen und Anleiherenditen wider. An den Terminmärkten sind kernige Zinssenkungen der US-Notenbank Fed eingepreist: rund 230 Basispunkte in den nächsten 12 Monaten (Datenquelle: LSEG, 06.09.2024). Dies würde die Leitzinsen unseres Erachtens unter den neutralen Zinssatz bringen – das Niveau, bei dem die Geldpolitik die Konjunktur weder stimuliert noch bremst – also eine Reaktion der Fed im Rezessionsmodus nach sich ziehen.
Vor den US-Präsidentschaftswahlen könnten wir weitere Volatilitätsschübe erleben. Dienstagnacht werden Anleger mit Interesse das TV-Duell von Kamala Harris und Donald Trump verfolgen.
Dagegen halten wir trotz der gebotenen Umsicht sowohl die kursierenden Rezessionsängste als auch das Ausmaß der erwarteten Zinslockerungen für übertrieben:
1. Das US-Beschäftigungswachstum verlangsamt sich, ist aber weit von Rezessionssignalen entfernt. Im August wurden 142.000 neue Arbeitsplätze geschaffen (Konsenserwartung: 160.000). Unter Berücksichtigung der letzten Datenanpassungen beträgt der dreimonatige Durchschnitt nun 116.000 (Datenquelle: LSEG, 06.09.2024). Dies sehen wir im Vergleich zur Phase nach den pandemiebedingten Lockdowns als eine Normalisierung des zuvor aufgrund ungewöhnlich kräftigen Jobwachstums an.
2. Die sog. „Sahm-Regel“ – ein auf der Arbeitslosenquote basierender Indikator, der in der Vergangenheit eine Rezession signalisiert hat und im letzten Monat ausgelöst wurde – ist nun offiziell gebrochen. Seit den 1970er Jahren war die monatliche Beschäftigung nach Auslösung dieses Signals nie weiter gewachsen. Trotzdem verzeichnen die USA weiterhin ein robustes Jobwachstum. Dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um einen typischen Wirtschaftszyklus handelt und der jüngste Anstieg der Arbeitslosenquote hauptsächlich auf ein erhöhtes Arbeitskräfteangebot durch Einwanderung zurückzuführen ist, anstatt auf eine geringere Nachfrage und Entlassungen. Mittelfristig untermauert eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung eine hartnäckige Inflation.
3. Lohnzuwächse zeigen unserer Meinung nach nicht, dass sich die Inflation nachhaltig auf das 2%-Ziel der Fed abkühlen wird. Der durchschnittliche Stundenlohn stieg auf dreimonatiger Jahresbasis auf 3,8% (Datenquelle: LSEG, 06.09.2024). Entweder muss sich dieser Trend verlangsamen, oder die Dienstleistungsinflation wird in den kommenden Monaten wieder anziehen.
In dieser Woche richtet sich das Augenmerk auf die Inflationszahlen für August. Wir glauben nicht, dass die Fed die Zinsen so stark senken wird, wie die Märkte es einpreisen. Mit Blick auf einen taktischen Anlagehorizont von sechs bis zwölf Monaten gewichten wir kurzlaufende US-Staatsanleihen nun unter.