SEHR GEEHRTE/R CEO,
Wir bei BlackRock sind Treuhänder unserer Kunden. Wir helfen ihnen, ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Der Großteil des von uns verwalteten Geldes dient der Sicherung des Ruhestands – von Lehrern, Feuerwehrleuten, Ärzten, Unternehmern und vielen anderen. Es ist ihr Geld, das wir verwalten, nicht unser eigenes. Mit dem Vertrauen, das unsere Kunden in uns setzen, und unserer Rolle als Bindeglied zwischen ihnen und den Unternehmen, in die sie investieren, geht eine große Verantwortung einher, uns für die Belange unserer Kunden einzusetzen.
Aus diesem Grund wende ich mich jedes Jahr mit einem Brief an Sie, in dem ich Themen anspreche, die für das Schaffen von dauerhaften Werten von entscheidender Bedeutung sind. Themen wie Kapitalverwaltung, langfristige Strategien, Unternehmenszweck und Klimawandel. Seit Langem sind wir davon überzeugt, dass es unseren Kunden als Aktionäre Ihrer Unternehmen zugutekommt, wenn Sie beständige und nachhaltige Werte für alle Ihre Stakeholder schaffen.
Mit dem Schreiben dieser Briefe begann ich unter dem noch frischen Eindruck der Finanzkrise. Im vergangenen Jahr erlebten wir jedoch etwas viel Folgenschwereres – eine Gesundheitskrise, die unsere gesamte Welt erfasst und verändert hat. Schon jetzt hat sie viele Menschenleben gefordert und die Art wie wir leben, arbeiten und lernen, aber auch unsere Gesundheitsversorgung und vieles mehr grundlegend verändert.
Die Belastungen der Pandemie sind sehr ungleich verteilt. Sie löste weltweit die schwerste Rezession seit der Großen Depression und den stärksten Kurseinbruch an den Aktienmärkten seit 1987 aus. Aber während einige Branchen, insbesondere solche, die von menschlichen Kontakten leben, ins Mark getroffen wurden, haben sich andere angepasst und florieren. Und auch wenn die Erholung der Aktienmärkte für die Zeit nach dem Abklingen der Pandemie Gutes für das Wachstum verheißt, hat die Wirtschaft derzeit mit großen Verheerungen zu kämpfen: So hat die Arbeitslosigkeit massiv zugenommen, täglich schließen kleine Unternehmen für immer ihre Türen und überall auf der Welt fehlt vielen Familien das Geld, um ihre Miete zu bezahlen und Lebensmittel kaufen zu können.
Die Pandemie hat zudem Trends beschleunigt – angefangen von der sich verschärfenden Rentenkrise bis hin zu systembedingten Ungleichheiten. Ende des Frühjahrs kam zu der Pandemie eine beispiellose Protestwelle gegen Rassendiskriminierung in den Vereinigten Staaten und rund um den Globus hinzu. In jüngster Zeit hat sie in den USA die politischen Turbulenzen verschärft. Diesen Monat mussten wir erleben, wie die tiefe Spaltung in der amerikanischen Gesellschaft in Gewalt umschlug – angestachelt durch Lügen und politischen Opportunismus. Die Ereignisse vor dem Kapitol in Washington führten uns vor Augen, wie kostbar und fragil unser demokratisches System ist.
Aber obwohl die vergangenen zwölf Monate eine schwere Zeit waren, gibt es auch Grund zur Hoffnung. Wir erleben, dass Unternehmen mutig vorangehen und Verantwortung für ihre Stakeholder übernehmen. In kürzester Zeit entwickelten sie neue Ideen, um die Versorgung mit Lebensmitteln und Waren während der Lockdowns sicherzustellen. Zugleich scheuten sie weder Geld noch Mühe, um gemeinnützige Organisationen bei ihrer Arbeit für Menschen in Not zu unterstützen. Dass in Rekordzeit mehrere Impfstoffe entwickelt wurden, zählt zu einem der großen Erfolge der modernen Wissenschaft. Viele Unternehmen reagierten auch auf Forderungen für Rassengleichheit zu sorgen, wenngleich auf dem Weg dorthin noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Besonders erstaunlich war für mich, dass sich Unternehmen trotz der Verwerfungen, die das Jahr 2020 mit sich brachte, entschlossen den Herausforderungen des Klimawandels stellten.
Ich bin davon überzeugt, dass die Pandemie zu einer existenziellen Krise geworden ist, die uns schonungslos vor Augen führt, wie verletzlich wir sind. Sie hat uns auch dazu veranlasst, uns noch intensiver mit der globalen Bedrohung durch den Klimawandel auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken, wie er – ähnlich wie die Pandemie – unser Leben verändern wird. Dies erinnert uns daran, dass die größten Krisen – ob medizinischer oder ökologischer Art – eine globale und entschlossene Antwort erfordern.
Im vergangenen Jahr waren wir nicht nur Zeugen des zunehmenden physischen Tributs, den die Erderwärmung in Form von Bränden, Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürmen fordert. Auch die direkten finanziellen Folgen treten immer stärker zutage. So müssen Energieunternehmen klimabedingt milliardenhohe Abschreibungen für verlorene Investitionen vornehmen. Unterdessen rücken Regulierer das Risiko, das der Klimawandel für das globale Finanzsystem mit sich bringt, in den Fokus. Zunehmend Beachtung finden aber auch die erheblichen wirtschaftlichen Chancen, die der Übergang mit sich bringen wird, und die Frage, wie er auf eine Weise erfolgen kann, bei der die Lasten gerecht auf alle verteilt werden. Kein anderes Thema hat für unsere Kunden höhere Priorität als der Klimawandel. Fast täglich erreichen uns dazu Fragen von ihnen.